Sieg beim Landesfinale des Jugendredewettbewerbs 2024

von Manuela Stigger
02. Mai 2024

Es ist ja schon sehr mutig, vor einer großen Menschenmenge zu sprechen – dazu jedoch über so ein persönliches Thema, ist sehr bemerkenswert.

Wie bist du auf das Thema gekommen und wie ist es dir bei der Erarbeitung ergangen?

In erster Linie wurde ich von Herrn Wirtenberger motiviert ein so persönliches Thema zu wählen. Außerdem ist es mir sehr wichtig, anderen davon zu erzählen, wie es ist zu flüchten. Jeder soll erfahren, wie es sich anfühlt, seine Heimat hinter sich zu lassen und wirklich alles für einen Neuanfang hinter sich zu lassen. Meine Familie ist nicht die einzige, die das betrifft – die Gesellschaft soll wissen, dass hinter jeder Fluchtgeschichte ein Schicksal steckt.

Beim Erarbeiten hat mich die Erinnerung an genau dieses Schicksal und die Gedanken an all die anderen Betroffenen emotional sehr berührt. Es wurde mir wieder bewusst, welche schrecklichen Stunden wir alle erleben mussten. Aber da war noch ein viel besseres Gefühl: Ich durfte während der ganzen Zeit sehr viel Unterstützung und Zuspruch erfahren.

Wenn man dich bei den Vorbereitungen gesehen hat, hatte man immer das Gefühl, du bist mit ganzem Herzen und voller Überzeugung dabei und gibst alles.

Gab es Zeitpunkte an denen du den Entschluss beim Jugendredewettbewerb mitzumachen bereut hast?

Vor Menschen zu sprechen macht mich nervös. Obwohl das Erlernen der deutschen Sprache der Schlüssel zu allem für mich war, ist es immer noch schwierig sie vor Publikum zu sprechen. Vor der Bezirksausscheidung habe ich deshalb auch geweint und war mir nicht sicher, ob ich das schaffen werde.

Wenn ja, was hat dich dazu bewogen weiterzumachen?

Es sollte niemand enttäuscht werden, außerdem glaube ich, dass ich es anderen irgendwie schuldig bin. Für all jene, die auch auf der Flucht sind und die Sprache nicht beherrschen, wollte ich eine Stimme sein.

Nach der Bezirksausscheidung, bei der du von der Jury auf den ersten Platz gewählt wurdest, folgte der Landeswettbewerb in Innsbruck.

Wie erging es dir, als du deine Rede im Landhaus präsentiert hast? Welche Reaktionen gab es darauf?

Erleichtert stellte ich an diesem Tag fest, dass meine Klasse da war um mich zu unterstützen. Besonders geehrt fühlte ich mich auch, dass Frau Reich extra da war, um sich meine Worte anzuhören. Das war für mich ein Zeichen ihrer Wertschätzung.

Auch die Reaktionen meiner Konkurrentin aus Kufstein hat mich berührt. Das Mädchen trat nach mir in der Klassischen Rede an, war sehr nett und wir haben im Laufe des Tages Freundschaft geschlossen. Ihre Lehrerin hat mir außerdem eine richtig motivierende Nachricht geschrieben. Beide haben mir gesagt, dass sie mir den Sieg ehrlich gönnen - eine tolle Erfahrung für mich.

Am wichtigsten allerdings war die Anwesenheit meiner Mama und meiner Schwestern. Die haben dann zu allem Überfluss auch noch geweint und mir kamen auch die Tränen, was ich nicht wollte.

Deine offenen Worte über deine Flucht aus der Heimat und deine ehrliche Art mit dem Thema Neuanfang in Österreich umzugehen beeindruckten auch die dortige Jury. Du hast verdient gewonnen und in ein paar Wochen geht es für dich zum diesjährigen Bundesfinale in Wien.

Wen möchtest du mit deiner Rede erreichen und was möchtest du deinen Zuhörerinnen und Zuhörern vermitteln?

Ich freue mich schon riesig darauf. Es spielt dabei auch keine Rolle, ob ich gewinne oder nicht. Viel wichtiger sind die schönen Erinnerungen und die Freundschaften, die ich dabei gewinnen kann.

Mit meiner Teilnahme möchte ich allen aufzeigen, wie wichtig es ist, sich die Sprache eines Landes anzueignen. Diese öffnet so viele Türen. Jeder sollte sich etwas zutrauen – mit ein bisschen Mut kann man sehr viel erreichen!

Egal, wie es dir dort ergeht, es wird bestimmt eine tolle Erfahrung, mit so vielen redebegeisterten Gleichgesinnten Zeit zu verbringen. Du kannst stolz auf dich sein, weil du anderen mit deinen Worten Hoffnung vermittelst. Dein Weg zeigt allen, dass es möglich ist eine neue Heimat zu finden ohne die alte zu vergessen.

Was wünscht du dir für deine Zukunft – wohin soll dein Weg dich noch führen?

Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, wäre es auf jeden Fall, meine Familie wieder vereint zu sehen. Ein glückliches und sorgenfreies Leben möchte ich führen und die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten. Diese gibt mir die Möglichkeit zum Reisen und somit auch die einzige Chance meine Familie wiederzusehen. Momentan endet meine neugewonnene Freiheit nämlich noch an der österreichischen Staatsgrenze. Aber ich weiß, dass sich dies eines Tages ändern wird.